Die Umstellung von einem menschlichen auf einen virtuellen Support Agenten verspricht bereits auf den ersten Blick viele Vorteile: maximale Verfügbarkeit, erhöhte Effizienz, Abschaffung der Wartezeit beim Kunden und Kosteneinsparung. Nach den ersten beiden Teilen der Chatbot Beitragsserie, in denen es u.a. um die Bedeutung des Knowledge Managements ging, fokussiert der letzte Teil nun die Funktionsweise eines Chatbots und die Anforderungen, die mit der Einführung einhergehen.
1st Level Support
Wenn heute vom Einsatz eines Chatbots im klassischen[i] IT Support Kontext oder auch DevOps Konstrukt die Rede ist, liegt die Besonderheit in der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI). Dabei geht es allerdings nicht darum, für den Chatbot in einem produktiven Umfeld eine eigene, effiziente und selbstlernende Analyselogik zu entwickeln oder selbstständig Lösungen oder Entstörungsschritte zu erfinden oder zu erraten. Denn diese Fähigkeiten, die heute im IT Support dem 2nd und 3rd Level Support zugerechnet werden, kann ein Chatbot heute noch nicht erfüllen. Dagegen sprechen zum aktuellen Stand nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung im Vergleich zum herkömmlichen 2nd und 3rd Level Support oder die Kritikalität von Applikationen betroffener Business Prozesse. Auch die hohe erforderliche Komplexität eine KI zu bauen und zu trainieren, welche mittels Deep Learning unbekannte Probleme in einem unbekannten Umfeld selbst analysiert und löst, stellt noch eine große Herausforderung dar.
Natural Language Processing
Diese Einschränkung beiseitegeschoben kann der Chatbot allerdings bereits einen hervorragenden Dienst im 1st Level Support erfüllen. Also Anfragen und Beschwerden der Anwender entgegennehmen, beantworten oder auch an den 2nd oder 3rd Level Support weiterleiten. Der Chatbot erhält also die Anfrage eines Anwenders und versucht diese mittels Künstlicher Intelligenz zu interpretieren. Genauer gesagt mittels Natural Language Processing (NLP), das für die (maschinelle) Verarbeitung der natürlichen Sprache steht. Danach greift er auf die Fehlerdiagnosestruktur (die vom Knowledge Management erstellten Entscheidungsbäume) zurück, um die Anfrage richtig zu beantworten oder weitere Fragen zu stellen. Durch die Technologie des Natural Language Processing und kontinuierliches Training und Testen der KI, erhält der Chatbot die Fähigkeit, nicht mehr nur fest definierte Befehle zu beantworten, sondern vor allem auf individuelle Anfragen der Anwender zu reagieren.
Die Interaktion zwischen Anwender und Chatbot lässt sich an einem Beispiel gut veranschaulichen:
Abb. Beispiel einer User Anfrage
Der Chatbot empfängt eine eingehende Anfrage „I need the installation manual“. Mit Hilfe von KI ist der Chatbot in der Lage zu wissen, dass er dem Anwender ein Dokument schicken soll, und dass dieses Dokument ein Installationshandbuch ist. Da die Anfrage des Anwenders noch nicht eindeutig ist, (für welches Produkt) so ist der Chatbot in der Lage dem Anwender, über die vom Knowledge Management hinterlegten Entscheidungsbäume, weitere Fragen zu stellen – solange bis die Anfrage eindeutig identifiziert ist.
Sucht der Anwender eine Website, eine Bedienungsanleitung, hat eine Frage oder ein Problem mit einer Applikation, dann versucht der Chatbot also zuerst den Bedarf des Anwenders zu verstehen, analysiert die Situation mittels Entscheidungsbäumen und prüft ob es einen „Match“ gibt. Ist dies der Fall, wird die Lösung für die Kundenanfrage dann entweder direkt als Text im Chat Fenster, als Link zum Öffnen oder als Dokument zum Download angeboten. Wird der Chatbot innerhalb einer Webseite oder eine Applikation integriert, so kann die Lösung auch innerhalb der Webseite bzw. in der Applikation angezeigt werden.
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick zu den Prozessen und Informationsflüssen einer Chatbot unterstützten Support Umgebung:
Abb. Chatbot unterstützte IT Support Umgebung mittels Microsoft Technologie:
LUIS als KI, MS Translator für die Übersetzung und Bot Framework für die Entwicklung und das Deployment.
Erfolgsfaktoren für die Einführung eines Chatbots
Für eine erfolgreiche Einführung eines Chatbots im IT Support sollten die folgenden Faktoren Berücksichtigung finden:
- Festlegen des Komplexitätslevels hinsichtlich der Anzahl eingebundener Produkte, Komplexität der Wissensdatenbank oder Anzahl der verfügbaren Wissensobjekte und Lösungen.
- Auswahl der Technologie und Lösungsplattform von der Eigenentwicklung, über Open-Source hin zur proprietären Lösung, z.B. Google Diaglog Flow, Microsoft LUIS + Bot Framework oder Amazon Lex. Bei der Auswahl sollten Kriterien, wie Kosten & Lizenzmodelle, Sprachen, verfügbare Kommunikationskanäle, technologische Lösungsreife und die Nutzerfreundlichkeit Berücksichtigung finden.
- Festlegen der Support Bot Persönlichkeit. Diese entscheidet über den Kommunikationsstil und beschreibt die Tonalität, wie der Bot antwortet. Diese Komponente wird öfters unterschätzt, obwohl das Chatbot das Image des Unternehmens nach außen mitgestaltet.
- Auswahl der Kommunikationskanäle, über die der Chatbot für die Anwender verfügbar sein soll. Dazu zählen online Kanäle, Apps oder Soziale Netzwerke.
Und über allem steht ein vertrauensvolles Wissensmanagement.
Sind die Rahmenbedingungen geschaffen und die Einführung des Chatbots gelungen, so gilt es den digitalen Agenten kontinuierlich zu trainieren und zu testen. Dabei sind Reporting und Datenanalyse extrem wichtig. Nur so können die Vorteile die ein virtueller Support Agent bietet voll ausgeschöpft werden.
Höhere Kundenzufriedenheit & Kostenreduzierung
Eine Chatbot-Lösung ist nicht nur branchenunabhängig einsetzbar, weltweit, multilingual und rund um die Uhr verfügbar, sondern führt bei richtigem Einsatz zu einer schnelleren Lösungsfindung und damit auch zu einer höheren Zufriedenheit der Anwender. Und wenn sich so auch noch die Anzahl der Ticket-Bearbeitungen für den IT Support reduzieren lassen, können deutliche Effizienz- und Kostenvorteile erzeugt werden.
Als Verfechter des Knowledge Managements sehe ich im virtuellen Support Agenten die Möglichkeit, branchenübergreifend die Potentiale einer gut strukturierten Wissensdatenbank noch effizienter und vor allem zum Vorteil der Kunden und ihrer Endkunden nutzbar zu machen.
Weitere Information:
[i] Mit klassischem IT Support Konstrukt wird gemeint:
- Der direkte Kontakt zum Anwender erfolgt durch einen „1st Level“ bzw. eine Hotline, die dafür verantwortlich ist, die Anfragen und Beschwerden der Anwender anzunehmen. Die einfachsten Fragen und die in der Wissensdatenbank dokumentierten Supportanfragen werden von den L1 Agenten beantwortet. „Trial & Error“ und tiefe Analysen (Log Dateien, usw.) sind im L1 ausgeschlossen.
- Komplexere oder noch nicht bekannte Störungen werden vom 2nd Level analysiert und gelöst.
- Sehr komplexe Störungen und Bugs gehen über den L2 zur dritten und höchsten Supportstufe (3rd Level, ProductOps bzw. Entwicklern).