Knowledge Graphs: Intelligente Informationsstrukturen der Smart Factory | NTT DATA

Do, 19 September 2024

Knowledge Graphs: Intelligente Informationsstrukturen der Smart Factory

Digitale Zwillinge von Produkten und Prozessen sind ein zentraler Baustein für die Smart Factory. Knowledge Graphs agieren dabei als strukturierte Darstellungen von Daten und Informationen. So verstehen u. a. auch Computersysteme, wie Dinge und Konzepte miteinander verbunden sind. Zusammen mit Mercedes-Benz und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Lörrach hat NTT DATA wichtige Grundlagenforschung betrieben. Die Ergebnisse wurden beim Kongress ComputationWorld 2023 vorgestellt, das Projekt erhielt einen Preis für das „Best Paper“.

Wie lassen sich die Anforderungen an Knowledge Graphs kategorisieren und welche Unterschiede bestehen zwischen Anforderungen in der Theorie und von Experten aus der Praxis? Diese Frage stellte eine gemeinsame Forschungsarbeit von Christian Graewe, Function Owner Digital Twin & Test Engineer bei NTT DATA, Jan Michael Spoor, Team Digital Factory Sindelfingen der Mercedes-Benz Group AG und Prof. Dr. Jens Weber, Studiengangsleiter Mechatronik Trinational an der DHBW Lörrach.

Das Ergebnis stellte das Team 2023 auf der Konferenz PATTERNS im Rahmen des ComputationWorld-Kongresses vor: Die Arbeit konnte zeigen, dass die meisten Anforderungen aus der Literatur einerseits und der Praxis andererseits übereinstimmen, Experten aus der Praxis aber einen hohen Fokus auf Aspekte der Data Governance und Daten-Visualisierung legen, während andere Aspekte wie Echtzeitfähigkeit bei der Implementierung von Knowledge Graphs vorerst einen geringeren Wert für sie haben. Die Grundlagenarbeit wurde mit einem Preis für das „Best Paper“ honoriert.

Was sind Knowledge Graphs?

Die Fertigungsindustrie des 21. Jahrhunderts ist ein komplexes Geflecht aus Prozessen, Produkten, Maschinen, Anlagen und Lieferanten. Die Komplexität dieser Bestandteile und ihrer Zusammenhänge macht es oft schwierig, ein Verständnis für und einen Überblick über die gesamte Wertschöpfungskette zu erlangen. Das gilt nicht zuletzt für maschinelle Systeme, d. h. Computer bzw. digitale Tools, die auf strukturierte Daten angewiesen sind, um die reale Welt zu „verstehen“ und im Sinne der Digitalisierung bzw. der digitalen Zwillinge abzubilden.

Knowledge Graphs, auf Deutsch: semantische Wissensgraphen, können darauf eine Antwort geben. Dabei handelt es sich um strukturierte Datenmodelle, die Informationen zu Sachverhalten sowie ihre Beziehungen zueinander in einheitliche Begriffssysteme überführen. Sie sind quasi eine sprachliche Landkarte, die alle Punkte der Fertigung und ihre Wege zueinander veranschaulichen. Damit helfen sie Menschen, Sachverhalte und Prozesse über Abteilungs- oder sogar Unternehmensgrenzen hinweg zu verstehen und zu vergleichen. Und sie machen entsprechende Informationen besser für Computersysteme verständlich.

Das macht sie zu einem wesentlichen Fundament für Wissenstransfers zwischen Menschen, aber auch für die Schaffung und Einrichtung digitaler Zwillinge, automatischer Prozessintegration und Programmerstellung. Bei einer erfolgreichen Implementierung locken Vorteile wie bessere KI-Modelle, reduzierte Produktionskosten, eine schnelle Produktionsplanung und -entwicklung sowie eine langfristige Speicherung von Fachwissen, auch wenn die Mitarbeitenden, die dieses Fachwissen haben, das Unternehmen verlassen.

NTT DATA betreibt wichtige Grundlagenforschung bei Mercedes-Benz

Als einer der führenden Premium-Automobilhersteller mit einer reichhaltigen Innovationshistorie, beginnend mit der Erfindung des Automobils, ist Mercedes-Benz hochinteressiert an der Implementierung von Knowledge Graphs in der Fertigungsumgebung. In einem ersten Schritt beschlossen Jan Michael Spoor von Mercedes-Benz, Christian Graewe von NTT DATA, der zuvor bei Mercedes-Benz gearbeitet hatte, und Prof. Dr. Jens Weber von der DHBW Lörrach, die Anforderungen an Knowledge Graphs im Automobilbau aus der Fachliteratur zu kategorisieren:

Knowledge Graphs NTT DATA

Im zweiten Schritt befragte das Projektteam leitende Angestellte und Industrieexperten, um deren Einschätzung der Anforderungen in der Praxis mit denen der Theorie abzugleichen.

Christian Graewe sagt zu den Ergebnissen: „Die in diesem Paper kategorisierten Anforderungen geben Orientierung für die Implementierung von Knowledge Graphs in der Smart Factory. Ein Knowledge Graph stellt ein wichtiges Tool für Wissensingenieure von morgen dar. Das gemeinsame Ziel ist es, die Fahrzeugproduktion noch effizienter zu gestalten, eine hohe Qualität der Produkte aufrechtzuhalten und Fehler von der Entwicklung bis zum After-Sales zu vermeiden. In Bezug auf die Planung der Smart Factory bedarf es, Analysen von Prozessen wie Abläufe in der Montage oder Instandhaltung zu erleichtern, zusätzlich Fehlermuster in der Fertigung zu erkennen, um vorausschauende Wartung zu realisieren. Dafür werden in eine Ontologie strukturell eingebettete, kontextuell beschriebene und exakt definierte Begrifflichkeiten inklusive deren Synonyme benötigt, um an die gewünschten Informationen und Daten aus den verschiedenen Digital Twins entlang der Wertschöpfungskette zu gelangen. Damit ein Knowledge Graph entstehen kann, ist die Integration weitreichender APIs und die Einhaltung von ‚Linked Data Principles‘ erforderlich. Die Herausforderung besteht darin, die Datenqualität aufrechtzuerhalten. Das heißt, die sich ständig verändernden Bedingungen über die X-, Y-,Z-Achsen der Digital Twins bereitzustellen und mit impliziten Wissen der Mitarbeitenden zu verknüpfen.“

Jan Michael Spoor erklärt zu den Hintergründen: „Knowledge Graphs sind eine essenzielle Grundlage zum Aufbau komplexer KI Modelle, auch im aktuellen Trendbereich der generativen AI und Chat Bots, welche logische Schlussfolgerungen und kontextuales Verständnis aus Datengrundlagen ziehen sollen und somit Wissen generieren und dokumentieren können. Ein stark vereinfachtes Beispiel wäre die Analyse eines Textes via KI-Modell, bei dem ein mehrdeutiges oder uneindeutiges Wort wie ‚Hahn‘ in dem Satz ‚Aus dem Hahn fließt Wasser‘ vorkommt. Indem dieser Begriff in eine Ontologie eingeordnet wird, wird ein logischer Bezug erstellt, wie ‘Hahn ‘ ‚ist ein‘ ‚Rohr‘ UND ‚Rohr‘‚transportiert‘ ‚Flüssigkeit‘ UND ‚Wasser‘ ‚ist eine‘ ‚Flüssigkeit‘. Durch diese Zuordnung wird aus dem Satz nicht nur eine syntaktisch korrekte Abfolge von Wörtern, sondern es kann eine semantische Aussage gewonnen werden. KI-Modelle können so einerseits unsinnige Sätze identifizieren, als auch logische Schlussfolgerungen aus Sätzen ziehen (z. B. der Wasserhahn funktioniert). Datenbanken, welche diese ontologischen Zusatzinformationen einbauen, ermöglichen daher einen maschinen-lesbaren als auch menschlich verständlichen Kontext herzustellen, indem Entitäten (‚Hahn‘), Relationen (‚ist ein‘, ‚transportiert‘) und Typen (‚Rohr‘) als Netzwerk / Graph modelliert werden. In Automotive können so z. B. Roboter und Werkzeuge einem Typ zugeordnet werden. Soll nun an einem Produkt eine bestimmte Aufgabe vollrichtet werden, die einen bestimmten Typ Werkzeug benötigt, kann ein KI-Modell über die Ontologie auch die korrekten Werkzeuge finden.“

Prof. Dr. Jens Weber ergänzt: „Ziel war es immer, gezielte Vorbereitungen hinsichtlich der Datenverarbeitung zu treffen, sodass ein ganzheitlicher digitaler Zwilling da wirken soll, wo er gebraucht wird. Hierzu ist es wichtig, auf Informationen zuzugreifen, die im gesamten Planungsprozess und Anlagenlebenszyklus über mehrere Perioden hinweg anfallen und generiert werden. Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit des Projekts und mich freut es besonders, dass wir im Rahmen der Masterarbeit von Herrn Graewe bei Mercedes-Benz diese Schritte weiterführen konnten und Herr Graewe die Ergebnisse seiner Arbeit in seiner neuen Rolle bei der NTT DATA auf der Konferenz vorstellen konnte.“


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