Lieferketten sind äußerst komplex und müssen permanentem Druck standhalten. Von Herstellern wird erwartet, dass sie die Produktion skalieren, Ausfallzeiten reduzieren und die Kundennachfrage zuverlässig bedienen. Doch nicht nur das. Zeitgleich müssen Kosten gesenkt und Vorlaufzeiten verkürzt werden, um die Kapitalrendite zu verbessern.
Störungen lassen sich dabei nicht vollständig vermeiden. Entscheidend ist vielmehr, wie Unternehmen mit ihnen umgehen und welche Fähigkeiten sie entwickeln, um in einem unsicheren Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wer das Lieferkettennetzwerk global betrachtet und Produktionsstandorte enger miteinander verbindet, verschafft sich einen klaren Vorteil. Der Ansatz verlangt jedoch eine End-to-End-Perspektive und die Fähigkeit, auf Störungen in Echtzeit zu reagieren.
KI ist dabei ein zentraler Enabler. Sie hilft Unternehmen, agile Lieferketten aufzubauen, die Probleme frühzeitig erkennen und die operative Komplexität ganzheitlich und in Echtzeit steuern.
Doch so wichtig KI für ein agiles Lieferkettenmanagement auch ist, die Fähigkeit eines Unternehmens, zu lernen und Veränderungen aktiv anzunehmen ist mindestens ebenso relevant. Diese Anpassungsfähigkeit bildet die Grundlage für die kontinuierliche Weiterentwicklung von Betriebsmodellen und Prozessen innerhalb der Wertschöpfungskette.
Verantwortungsbewusste Innovation ist dabei Voraussetzung. Jedes neue System beeinflusst Sicherheit, Compliance und Vertrauen. Ohne geeignete Schutzmechanismen kann Geschwindigkeit zu Anfälligkeit führen, und Effizienz kann neue Risiken schaffen. Wer verantwortungsvoll innoviert, stellt sicher, dass KI die Resilienz stärkt, Daten schützt und das Vertrauen aller Beteiligten fördert.
Ein Kunde hat mich kürzlich gebeten, anhand konkreter Beispiele zu zeigen, wie globale Hersteller mit Hilfe von NTT DATA KI-gestützte Agilität in ihre Lieferketten erfolgreich integrieren konnten:
Logistikoptimierung: Reibungsloser Materialfluss
Der Materialfluss in einem Werk erfordert präzise Koordination in Echtzeit. Verzögerungen in einem Prozessschritt übertragen sich sofort auf die nächsten, führen zu Leerlaufzeiten und Engpässen, treiben die Betriebskosten nach oben und erhöhen den Bedarf an Betriebskapital. Die interne Logistik, die traditionell stark auf manuelle Planung angewiesen ist, kann mit dynamischen Produktionsbedingungen kaum Schritt halten.
Mit KI-gestützter Logistikoptimierung ändert sich das grundlegend. Durch die Auswertung von Echtzeitdaten aus dem gesamten Werk ermöglichen KI-Lösungen einen synchronisierten Materialfluss zwischen allen Verarbeitungs-, Formgebungs- und Fertigungsstufen. Statt erst auf Störungen zu reagieren, passen solche Systeme Materialbewegungen autonom an und halten den Produktionsablauf stabil.
Eine aktuelle NTT DATA-Studie zur Third-Party-Logistik mit dem Titel “Navigating change: Insights into evolving dynamics in supply chain” zeigt, dass mittlerweile mehr als ein Viertel der Verlader (27 Prozent) eine Optimierung von Transport und Routen fordert. Die Branche sieht darin einen der schnellsten Wege zu messbarem Mehrwert. In der Praxis bedeutet das: weniger Stillstände, kürzere Vorlaufzeiten und eine bessere Auslastung von Anlagen und Personal.
Bei verantwortungsbewusster Implementierung schützen diese KI-Lösungen zudem die Integrität von Daten und Entscheidungen. Effizienzgewinne entstehen, ohne neue Risiken hervorzurufen.
Ein Stahlhersteller testet diesen Ansatz derzeit und nutzt KI, um sowohl die innerbetriebliche als auch die zwischenbetriebliche Logistik zu orchestrieren. Insgesamt entsteht so die Grundlage für mehr Zusammenarbeit und Transparenz entlang der gesamten Lieferkette und insbesondere in der Inbound-Logistik, die hier eine Schlüsselrolle spielt.
Task Management in der Inbound-Logistik: mehr Klarheit und Geschwindigkeit
Die Inbound-Logistik leidet häufig unter fragmentierter Kommunikation und manuellen Prozessen. Wenn Teams mit E-Mails, Telefonaten und isolierten Systemen jonglieren müssen, fällt es schwer, Aufgaben zu priorisieren oder Probleme zügig zu lösen. Das führt zu Verzögerungen und erhöht das Risiko von Lieferengpässen.
Der Einsatz von KI im Task Management bringt Struktur in diese Komplexität. Durch die Integration unterschiedlicher Datenquellen und intelligente Automatisierung kann KI die Kommunikation zentralisieren, Aufgaben dynamisch zuweisen und, von Lieferanten bis zu Planern, allen Beteiligten eine Echtzeitübersicht über den Materialfluss bieten. Das Ergebnis ist eine schnellere Reaktion auf produktionskritische Vorfälle und klare Verantwortlichkeiten zwischen den Teams.
Ebenso wichtig ist ein verantwortungsbewusstes Design. Es stellt sicher, dass die Systeme transparent machen, wie Aufgaben priorisiert und überwacht werden. So entsteht das Vertrauen in automatisierte Entscheidungen.
Bei einem globalen Automobilkunden hat dieser Ansatz bereits die Lösung von Vorfällen beschleunigt und die Reaktionsfähigkeit und Zusammenarbeit über mehrere Werke hinweg verbessert.
Optimales Auftragsmanagement: Von manuellen Fehlern zu adaptiven Systemen
Wenn die eingehende Koordination reibungsloser läuft, können sich Hersteller dem nächsten Abschnitt der Lieferkette widmen: dem Auftragsmanagement. Es bildet das Herzstück der operativen Supply-Chain-Execution, wird jedoch häufig durch Fehler, unvollständige Daten oder kurzfristige Änderungen ausgebremst.
Ein zentrales Problem ist die Datenqualität. Unsere Logistikstudie zeigt, dass sowohl Verlader (34 Prozent) als auch externe Logistikdienstleister (39 Prozent) eine höhere Datengenauigkeit als einen der größten Vorteile von KI sehen. Das unterstreicht, wie wichtig verlässliche Daten für eine stabile Supply-Chain-Execution sind.
Fehlende Bestellreferenzen, falsche Mengenangaben oder der ständige Bedarf an manueller Validierung führen schnell zu Verzögerungen und untergraben das Vertrauen der Kunden in die Lieferperformance.
Durch die Einbettung von KI in das Auftragsmanagement können Hersteller präziser und schneller arbeiten. KI-Systeme validieren Auftragsdaten in Echtzeit und korrigieren Fehler automatisch. Sie kommunizieren proaktiv mit Vertriebsteams und Kunden, informieren über Verfügbarkeit oder Liefertermine und schlagen bei Engpässen sogar passende Ersatzprodukte vor.
Mit integrierten Mechanismen für Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit steigern diese Systeme die Datenqualität und schaffen Transparenz. Hersteller stärken damit das Kundenvertrauen und erhöhen zugleich die Effizienz.
Für einen Konsumgüterkunden haben wir diesen Ansatz bereits erfolgreich umgesetzt, um Ausreißeraufträge zu bearbeiten und die Auftragsabwicklung zu optimieren. Die Ergebnisse sprechen für sich: deutlich weniger manueller Aufwand, höhere Genauigkeit und mehr Kundenzufriedenheit.
Transporteffizienz: Zuverlässigere Lieferungen
Störungen durch schwankende Carrier-Performance, mangelnde Vertragstreue oder kurzfristige Änderungen beeinträchtigen die Transporteffizienz und erhöhen die Kosten. KI-gestützte Transportmanagementsysteme beginnen, diese Problematik grundlegend zu verändern. Sie validieren Verträge, weisen Transporte dynamisch zu, optimieren Routen und steuern Laderampen in Echtzeit. So wird die Logistik insgesamt anpassungsfähiger und zuverlässiger. Gleichzeitig helfen diese Systeme dabei, Vorfälle schneller zu kategorisieren und zu lösen. Das führt zu sinkenden Wartezeiten und geringeren Strafkosten.
Die Vorteile sind klar erkennbar. Unsere Daten zeigen, dass fast drei Viertel der Verlader angeben, dass der KI-Einsatz eines externen Logistikdienstleisters ihre Partnerwahl beeinflusst. Viele würden für stärkere KI-Fähigkeiten sogar den Anbieter wechseln. Der Grund liegt auf der Hand: Verantwortungsbewusst eingesetzte KI fördert genau die Ergebnisse, die für Verlader Priorität haben — von transparenten Routen über Vertragstreue bis zu fairen Leistungsbewertungen der Transportpartner.
Bei einem unserer Kunden, einem globalen Hersteller, hat dieser Ansatz die Zeit für die Zuweisung von Transportaufträgen auf weniger als drei Stunden reduziert. Und das bei einer Koordination mit über siebzig Transportunternehmen. Das Projekt hat sowohl Kosten eingespart als auch die Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen verbessert.
Unterstützte Wartung: Weniger Ausfallzeiten, längere Lebensdauer der Anlagen
Ungeplante Ausfallzeiten gehören zu den größten und kostspieligsten Problemen in der Fertigung. Viele Hersteller arbeiten weiterhin reaktiv und reparieren Anlagen erst, wenn sie tatsächlich ausfallen. Das verkürzt die Lebensdauer von Maschinen, wirft Produktionspläne aus der Bahn und erhöht die Reparaturkosten.
Der Einsatz agentenbasierter KI im Wartungsmanagement ermöglicht den Übergang zu proaktiven und vorausschauenden Modellen. Ein aktueller NTT DATA-Report zur Fertigungsindustrie zeigt: 91 Prozent der Hersteller sind überzeugt, dass die Kombination aus KI und Digitalen Zwillingen die Anlagenleistung und die Resilienz der Lieferkette verbessert.
Mit einer stabilen KI-Infrastruktur können Systeme Vorfälle erfassen und priorisieren, Arbeitsaufträge mit den passenden Teilen und Fähigkeiten generieren und strukturierte Daten für spätere Analysen dokumentieren. Ebenso wichtig: KI-basierte Wartungslösungen sollten verantwortungsbewusst entwickelt werden. Das umfasst Datenintegrität, Transparenz und eine sichere Bereitstellung, ohne dabei Effizienzgewinne zu gefährden.
Im Laufe der Zeit unterstützt dieser Ansatz eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Statt reaktivem „Feuerlöschens“ profitieren Teams von besserer Planbarkeit und langfristiger Zuverlässigkeit der Anlagen.
Einer unserer globalen Kunden aus dem Fertigungssektor hat diesen Ansatz bereits in der Produktion umgesetzt und damit eine messbare Reduzierung der Ausfallzeiten und eine verbesserte Betriebskontinuität erzielt.
Argumente für eine verantwortungsbewusste, agile Lieferkette
Alle Praxisbeispiele zeigen einen grundlegenden Wandel: weg von reaktiver Problemlösung hin zu einer proaktiven, KI-gestützten Orchestrierung. Mit intelligenten Systemen können Hersteller Probleme frühzeitig erkennen, sich in Echtzeit anpassen, bei Störungen die besten Maßnahmen ergreifen und aus jedem Zyklus lernen.
Die fünf beschriebenen Anwendungsfälle haben den beteiligten Unternehmen bereits spürbare Vorteile gebracht. Um jedoch einen echten Wettbewerbsvorteil zu erzielen, braucht es einen ganzheitlichen Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette und die Bereitschaft, Prozesse neu zu gestalten. Das umfasst die Integration von KI-Fähigkeiten, agentenbasierten Systemen und Human-in-the-Loop-Ansätzen, die menschliche Expertise gezielt einbinden.
Der Weg zu einer agilen und verantwortungsbewussten Lieferkette ist keine einmalige Initiative, sondern ein fortlaufender Transformationsprozess. Unternehmen sollten neue Technologien kontinuierlich nutzen, um den Wert ihrer Anlagen und Investitionen zu maximieren und ihre Resilienz langfristig zu stärken.